Warum spricht man in Mexiko eigentlich Spanisch? Immerhin liegt das Land auf einem völlig anderen Kontinent als Spanien – und war einst die Heimat beeindruckender Hochkulturen wie der Azteken und Maya. Die Erklärung liegt in einer turbulenten Kolonialgeschichte, die nicht nur Mexiko, sondern ganz Lateinamerika geprägt hat.
Im Jahr 1519 landete der spanische Konquistador Hernán Cortés an der Küste Mexikos. Mit ihm kam nicht nur ein Heer, sondern eine ganze Weltanschauung – inklusive Sprache und Religion. Binnen weniger Jahre fiel das Aztekenreich, und an seine Stelle trat eine spanische Kolonialverwaltung, die systematisch damit begann, die indigene Bevölkerung zu missionieren und zu „zivilisieren“ – aus damaliger Sicht. Bildung, Verwaltung und Religion wurden fortan auf Spanisch vermittelt. Wer dazugehören wollte, musste die Sprache der Eroberer sprechen.
Doch der Wandel geschah nicht über Nacht. Noch heute existieren in Mexiko über 60 indigene Sprachen – viele davon mit Wurzeln, die älter sind als jede europäische Nation. Trotzdem setzte sich Spanisch mit der Zeit durch – zuerst in den Städten, dann auf dem Land, und schließlich als dominierende Amtssprache. Heute sprechen rund 98 % der mexikanischen Bevölkerung Spanisch – in einem ganz eigenen Stil, geprägt von regionalen Einflüssen und alten Wörtern aus der aztekischen Sprache Nahuatl.
Mexiko ist damit kein Einzelfall. In fast ganz Süd- und Mittelamerika ist Spanisch heute die Hauptsprache – ein Überbleibsel der einstigen Kolonialherrschaft Spaniens. Länder wie Peru, Kolumbien, Chile oder Argentinien teilen mit Mexiko nicht nur Sprache, sondern auch eine ähnliche historische Entwicklung: mächtige indigene Reiche, gewaltsame Eroberung und schließlich eine tiefe kulturelle Vermischung.
Sprachlich hat sich daraus eine große Vielfalt ergeben. Das Spanisch in Mexiko klingt anders als das in Spanien – weicher, rhythmischer, oft angereichert mit Ausdrücken, die man in Madrid nicht verstehen würde. Es ist nicht einfach nur „übernommen“, sondern weiterentwickelt worden – zu einem festen Teil der mexikanischen Identität.
Dass heute in Mexiko Spanisch gesprochen wird, ist also keine geografische Selbstverständlichkeit, sondern das Ergebnis einer Jahrhunderte alten Geschichte. Einer Geschichte von Macht, Missionierung und kultureller Anpassung – aber auch von Eigenständigkeit und Weiterentwicklung.